Die schlesische Bergmannsuniform
Von Damian Spielvogel
Die Anordnung zum Tragen der Bergmannsuniform hat im Jahre 1795 der Oberbergrat und Direktor des schlesischen Oberbergamtes in Breslau Friedrich Wilhelm Graf von Reden erlassen. Somit war das Tragen der Bergmannsuniform nicht nur eine besondere Ehre, sondern auch eine Pflicht für jedermann des bergmännischen Berufsstandes. Für die Nichterfüllung dieser Pflicht wurden Strafen verhängt. Es ist bekannt, dass im Jahr 1797 der Grubenschmied, der einzigen preußischen Erz- und Bleigrube „Friedrich“ bei Tarnowitz in Oberschlesien, namens Hunger, 24 Stunden in Haft verbringen musste, weil er am St. Barbara-Tag, dem traditionellen Fest der Bergmänner, keine Bergmannsuniform getragen hat. Verhängt hat die Strafe der Berginspektor, Gottlieb Kalide, der Vater des bekannten Bildhauers Theodor Kalide aus Königshütte.
Die Einführung einheitlicher Bergmannsuniformen war kein einfaches Unterfangen. Bereits 1803 ist es zu einem Streit zwischen dem Freiherrn von Hösel, dem Eigentümer der Koschentiner Güter und dem Oberbergamt in Breslau gekommen. Freiherr von Hösel hat die Auffassung vertreten, dass die Einführung einer einheitlichen Bergmannsuniform seine Ehre verletzten würde, zumal doch seine Beamten und Arbeiter über eine eigene Uniform verfügten. Die Einführung der einheitlichen Bergmannsuniform sollte bis zum Ende des Jahres 1804 erfolgt sein, doch nicht alle staatlichen und privaten Betriebe, die dem Bergbauwesen zugeordnet waren, haben rechtzeitig diese Verordnung umgesetzt. Die Leitung der bekannten Eisenkunstgießerei in Gleiwitz schaffte es zwar bis 1804 die vorgeschriebenen Uniformen für die Verwaltungsangestellten einzuführen, jedoch nicht für die einfachen Arbeiter. Graf von Reden, der die industrielle Entwicklung Preußens und somit auch Schlesiens, wo die damals größte Industrieregion entstanden ist, vorangetrieben hat, hat auch mit sehr großem Nachdruck das Bewusstsein der Berufszusammengehörigkeit der Bergleute gefördert, was in einer Einheitsuniform zum Ausdruck gebracht werden sollte. Als Graf von Reden im Jahr 1804, schon als Oberberghauptmann, Leiter des Bergwerks- und Hüttendepartements in Berlin wurde, hat man auf seine Veranlassung noch im gleichen Jahr eine Beschreibung in gedruckter Form der Gala- und Arbeitsuniformen für Berg- und Hüttenleute herausgeben, zu der für jede Uniform eines Berufsstandes eine kleine in Aquarelltechnik gemalte Bildminiatur beigefügt gewesen war.
Trotzdem ist es sehr oft zu Konflikten zwischen dem Oberbergamt, das zwischen 1819 – 1850 seinen Sitz in Brieg hatte, und einigen Gruben- und Hüttenbesitzern gekommen. So beispielsweise in den Jahren 1820 – 1825 im Falle des (ungekrönten) „Zinkkönigs“ Karl Godulla. Er hatte nämlich verordnet, dass auf der Bergmannsgurtklammer und den Uniformknöpfen statt des üblichen und vorgeschriebenen Bergmannssymbols, d.h. Eisen und Schlägel, das Familienwappen derer von Ballestrem, also das des Güterinhabergeschlechtes, anzubringen sei. Ihm wurden deswegen zehn Muster von Bergmannsuniform verschiedener Rangfolge zugeschickt, und zwar mit der Auflage zu einer baldigen Umsetzung.
Die Bergmannsuniform wurde vor allem in den Jahren 1889 – 1890 wesentlich verändert. Die bekannteste Vorschrift ist die folgende:„Die Uniform der Beamten der Preußischen Staats‑, Berg‑, Hütten- und Salinenverwaltung“. Allerhöchster Erlass“ vom 15.01.1890. Diese bildete die Grundlagen, der uns jetzt bekannten Uniformen der Bergmänner.
Weitere notwendig gewordene Änderungen folgten infolge der Änderung der Staatsform in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. Auch während der NS-Zeit erfuhr nach dem Willen der neuen Machthaber die Bergmannsuniform eine kleine Änderung , indem man das Hakenkreuz auf der Brust des preußischen Adlers bei Schachthüten des Grubenführungspersonal hinzufügte.
Doch die schlesische Bergmannsuniform, hier vor allem die Galakopfbedeckung (Tschako) des Waldenburger Bergbaus, weist eine Besonderheit auf. Üblicherweise wird der Federbusch, in Schlesien trug man ausschließlich diesen und nicht wie in anderen deutschen Bergbauregionen auch einen Federwisch, am linken Rand des Tschakos getragen. In Waldenburg dagegen wurde der Federbusch am rechten Schachthutrand befestigt. Die Waldenburger Bergmänner hatten auch statt einer üblichen Stofftresse im oberen Bereich des Tschakos ein dünnes goldenes Metallbändchen befestigt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg benutzte man sowohl in Nieder- als auch in Oberschlesien weitgehend die bergmännischen Uniformen der Vorkriegszeit, obwohl bereits 1949 eine Verordnung, die zuletzt im Jahr 2003 modifiziert wurde, über die Einführung einer einheitlichen Bergmannsuniform auf dem Gebiet Nachkriegspolens Gültigkeit hatte. Noch bis Anfang der 70ger Jahre traf man, vor allem in Oberschlesien, sehr oft die preußische Uniform (den sog. Bergfrack, auch Puffjacke genannt) an. Erst danach hat die neue Nachkriegsbergmannsuniform die „deutsche“ allmählich „verdrängt“, obwohl vereinzelt auch noch heutzutage in Oberschlesien, vor allem bei Wallfahrten, alte Bergmänner im „preußischen Bergfrack“ anzutreffen sind.
Auch die neue Bergmannsuniform der Nachkriegszeit knüpft an die traditionelle bergmännische Bekleidung des 19. Jahrhunderts an. Zu den wichtigsten überlieferten Attributen der neuzeitlichen Uniform gehören:
- Tschako (Schachthut) mit Federbusch,
- das Bergmannssymbol in Form von Hammer und Eisen (Schlägel),
- Bergmannssäbel bei Galauniformen des Führungspersonals.
Die größten Unterschiede liegen dagegen darin:
- eine gerade geschnittene Jacke ersetzte den traditionellen Bergfrack,
- die Hose ist aus einem schwarzen und nicht wie früher aus einem weißen Stoff (getragen bis ca. 1850–1860),
- es werden schwarze Halbschuhe statt Schaftstiefel getragen,
- von dem Tragen eines Bergleders hat man Abstand genommen,
- eine Spitzhacke (Spitzhaue) wird nicht mehr bei offiziellen Anlässen mitgeführt,
- es wurde eine weibl. bergmännische Uniformart, mit einem schwarzen Rock, eingeführt
Für die Grubendirektoren sowie für ministeriellen Bergbeamten ist eine zusätzliche „Dienstgradbezeichnung“ die sogenannte „Generalschlangenlinie“, die sowohl an der Galauniform als auch am Tschako prägnant zu sehen ist. Für diese Gruppe der Bergbeamten wurde noch zusätzlich ein Federbusch mit grünen Federn festgelegt.
Gegenwärtig, genau wie vor Jahrhunderten, ist die Bergmannsuniform ein Ausdruck der Zusammengehörigkeit der Bergmänner und deren Verbundenheit mit der jahrhundertealten Tradition ihres schweren und gefährlichen Berufsstandes, der unter dem Schutz der Heiligen Barbara gestellt ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der 4. Dezember, der Gedächtnistag der Heiligen Barbara, deren Verehrung bereits im 12. und 13. Jahrhundert in Oberschlesien nachweislich gepflegt wurde, nach wie vor so feierlich begangen wird.