Schlesien von den Anfängen bis zum 13. Jahrhundert
Im Verlauf seiner wechselhaften Geschichte hat Schlesien viele territoriale und politische Veränderungen erfahren. Im Mittelalter slawisch und deutsch besiedelt, unterstand das Land lange der polnischen, dann der böhmischen Krone und war im Besitz der Habsburger. Nach den drei Schlesischen Kriegen im 18. Jahrhundert wurde der weitaus größte Teil Schlesiens bis 1945 preußisch. Ein Rest verlieb als Österreichisch-Schlesien bis 1918 beim Hause Habsburg.
Germanische Besiedlung
Seit frühester vorchristlicher Zeit haben zahlreiche Volksgruppen und unterschiedliche Kulturen den schlesischen Raum besiedelt. Bereits seit 4.200 v. Chr. sind erste Siedlungen auf dem Gebiet des späteren Schlesiens nachweisbar. Um 500 v. Chr. wanderten Skythen von Osten in das damals von der Lausitzer Kultur geprägte Schlesien ein, später Kelten von Süden und Südwesten. In der Völkerwanderungszeit setzten sich germanische Vandalen in Schlesien fest, unter ihnen der Stamm der Silingen. In der älteren Forschung wurde zumeist angenommen, dass sich der Name Schlesien von diesem germanischen Stamm ableitet. Doch die Herkunft des Namens ist umstritten und wird auch mit dem Berg Zobten (poln. Ślęża) in Verbindung gebracht. Neuere Forschungen gehen jedoch davon aus, dass sowohl der Name des Berges als auch der Name Schlesien auf den Fluss Lohe (poln. Ślęza) zurückgehen. Nach diesem Flussnamen, der noch in die Zeit vor der germanischen Besiedlung zurückreicht, benannte sich vermutlich auch der Stamm der Silingen.
Etwa ab dem 6. Jahrhundert erfolgte die Landnahme durch slawische Stämme. Die Anfänge westslawischer Staatsbildung durch die Vereinigung von Stammesterritorien unter der Herrschaft von Fürsten können auf das 8./9. Jahrhundert datiert werden.
Zwischen Böhmen und Polen
Nach wechselnden Herrschaften über Schlesien zwischen Böhmen und Polen gehörte das schlesische Gebiet zu Beginn des 12. Jahrhunderts zum
Herrschaftsgebiet der polnischen Piasten. Das Königreich Polen wurde im Rahmen der 1138 eingeführten polnischen Senioratsverfassung in mehrere Herzogtümer aufgeteilt und Schlesien erhielt einen eigenen Herzog. Damals begann die Ausbildung einer eigenen schlesischen Piastenlinie, die sich weiter verzweigte. 1202 erfolgte die Teilung in eine niederschlesische Breslauer Linie (Herzogtum Schlesien) und eine oberschlesische Oppelner Linie (Herzogtum Oppeln). Das Prinzip der Erbteilung führte bis in die Neuzeit zu einer unübersichtlichen Vielzahl von schlesischen Herzogtümern.
In Niederschlesien entstanden im Laufe der Jahrhunderte die Herzogtümer Breslau, Liegnitz, Brieg, Wohlau, Glogau, Sagan, Schweidnitz, Jauer, Münsterberg und Oels. In Oberschlesien kommt es nach dem ersten Piasten Miesko (1163 – 1211) zu den Herzogtümern Oppeln, Ratibor, Beuthen, Teschen, Tost und Falkenberg.
Der Mongolensturm
Der Einfall mongolischer Heere im Jahre 1241 in Schlesien und die mit ihm verbundene Verwüstung des Landes und massive Dezimierung der slawischen Bevölkerung auf ein Fünftel schufen die strukturellen Voraussetzungen zur Neubesiedlung des Gebiets mit deutschen Siedlern aus dem Heiligen Römischen Reich. Bereits Herzog Heinrich I. und seine Frau Hedwig von Andechs hatten zu Beginn des 13. Jahrhunderts deutsche Ostsiedler nach Schlesien gerufen, um die wirtschaftliche Leistungskraft des Herzogtums zu heben. Nach dem Mongolensturm erfolgte die von den Schlesischen Piasten initiierte deutsche Ostkolonisation jedoch auf breiter Basis. Die deutschen Siedler gründeten mehr als 100 neue Städte und über 1200 Dörfer nach deutschem Recht sowie viele Kirchen und Hospitäler. Auch die ursprünglichen slawischen Siedlungen passten sich zum großen Teil rechtlich, sozial und sprachlich den deutschen Siedlungen an. Die Siedler stammten überwiegend aus dem ostfränkischen Sprachraum, aber auch aus Sachsen, dem östlichen Thüringen und aus Niederösterreich, aus dem Glatzer Land und Oberschlesien sowie aus der Gegend von Fulda in Hessen.