Schlesische Trachten
Die schlesische Tracht bietet eine Vielfalt von Formen, so dass man generell nicht von der schlesischen Tracht sprechen kann. Eine besondere Art umfasste oft nicht mehr als acht bis zehn Dörfer.
Bis Mitte des 19. Jahrhundert wurde in Schlesien Tracht getragen. Heute kann man schlesische Trachten nur noch in wenigen Vereinen sehen. Wer Glück hat, ist im Besitz von alten Familienfotos auf denen man Trachten getragen hat. Ein interessantes Gebiet eröffnet sich für jeden Familienforscher, wenn er sich mit Trachten beschäftigt. Die Tracht liefert dem Betrachter eine Vielzahl von Informationen.
Alte historische schlesische Tracht
Was unterscheidet eine Tracht von bürgerlicher Kleidung oder der Berufsbekleidung? Die Definition aus den Richtlinien zur Anerkennung einer Tracht beantwortet diese Frage: „Als Tracht wird die Kleidung der ländlichen Bevölkerung bezeichnet, deren Verbreitung regional, zeitlich und konfessionell begrenzt ist. Sie wechselt in den ihr vorgeschriebenen Grenzen nach Anlass und Trauerstufe und spiegelt den sozialen Status wieder.”
Es gab in Schlesien verschiedene Trachtengebiete. Man trug in einigen Gebieten noch lange schlesische Tracht, obwohl dies als altmodisch galt, um damit eine bestimmte Zugehörigkeit zu zeigen. Man unterschied zwischen Alltags‑, Sonntags- und Festtagstrachten.
Die Entstehung der schlesischen Tracht:
Die Entstehung der schlesischen Tracht greift auf eine 800jährige Vergangenheit zurück. Mit der friedlichen Besiedlung Schlesiens brachten die Bauern und Handwerker ihre Sitten, Gebräuche und Trachten mit; sie kamen aus Bayern, Niedersachsen, Hessen, Thüringen, Franken, Schwaben und anderen Landschaften. So wurde von einem Trachtenforscher große Ähnlichkeit bei der Tracht aus Mainfranken (Hummelbauern) mit der des Riesengebirges festgestellt.
Zwar passten sich die Kleidungsstücke den Gegebenheiten der Landschaft an. Selbstgewebte Stoffe aus Wolle und Leinen waren für Kleider, Röcke, Mieder, Spenzer, Hemden, Tücher, Schürzen und für die Männer Westen und Joppen für Jahrzehnte geschaffen, besonders die kunstvolle reiche Stickerei des Weißzeugs im Hirschberger Tal und Riesengebirge. Das Kostbarste waren die Hauben. Eine alte Bäuerin am Kolbenkamm (Karlstal) fasste Stolz und Würde in die knappen Worte: „Bauerntracht ist teure Tracht“, als sie dem Trachtenforscher Erich Meyer-Heisig die granatenbesetzte Silberhaube ihres Brautstaates zeigte, diese hatte 1870 ca.100 Thaler gekostet. Eine lebendige Volkstracht gliedert die Gemeinschaft der Träger nach den natürlichen Gruppen der Alters- und Lebensstufen: Kinder, Mädchen, Burschen, Verheiratete und Verwitwete haben eigene Farben und Kopfputz und besonders festlich gehen sie zu kirchlichen und weltlichen Feiertagen.
Allgemein unterscheidet die schlesische Tracht in drei Gebiete: die schlesische Tracht, die oberschlesische und die wendisch-lausitzsche Tracht. Innerhalb dieser großen Artgebiete teilen sich Gruppen ein, die von den zahlreichen landschaftlichen Verschiedenheiten geprägt und vor allem in der Festtracht auch vom Religionsbekenntnis abhängig sind. Die betonte Farbigkeit nimmt nach den Randgebieten der wendischen und oberschlesischen Sprachräume zu.
Die schlesische Tracht ist von einfachem Schnitt mit gedeckten Farben. Im Gegensatz dazu hat sie eine reiche Vielfalt der Hauben, die zur Sudetengrenze böhmischen Einfluss erkennen lassen. Typisch ist das Brusttuch aus Seide, Leinen oder ein buntgeblümtes Wolltuch, das über dem Samtmieder unter dem Spenzer getragen wurde, während die weißgestickte Spitzenfestschürze allen gemeinsam war; sie wurde nur zu besonderen Anlässen getragen, sonst hatte man Seidenschürzen. Kinder trugen Waschtrachten aus bunten Baumwollstoffen.
Kurzbeschreibung der niederschlesischen Tracht:
Die Frauentrachten und Mädchentrachten bestehen aus Trachtenrock und Mieder. Der Stoff des Rockes ist gestreift oder geblümt und das Mieder aus schwarzem Samt mit einer Schnürung über der Brust. Früher wurden je nach Anlass verschiedene Schürzen getragen: An einfachen Sonntagen eine buntseidene Schürze und ein buntes Wolltuch mit Fransen. Lediglich zu Hochzeiten, an Ostern und Weihnachten wurde das speziell handgestickte Weißzeug (Schürze und Schultertuch) getragen, das von den Schultern zur Taille hin spitz zuläuft und mit einer Brosche gehalten wird. Das »Drunter« der Frauentracht ist ein mit spitzen besetzter Unterrock, weiße Kniestrümpfe und schwarze Halbschuhe. Komplett ist die Frauentracht natürlich erst mit der Haube aus schwarzem Samt, an den Rändern mit Spitzen besetzt und mit einer Schleife mit zwei breiten Bändern am Hinterkopf.
Die Männertrachten sind im Gegensatz zu den vielfältigen Frauentrachten sehr einfach gehalten. Die schwarze Jacke und die Kniebundhose aus schwarzem Tuch wird durch eine geblümte Seidenweste, einem weißen Hemd und einer schwarzen Schleife aufgelockert. Weiße Kniestrümpfe und schwarze Halbschuhe vervollkommnen die Männertracht. Der schwarze Hut mit einer breiten Krempe ist von einer gelb-weißen Kordel umrandet. Die Buben tragen zur schwarzen Bundhose weiße Kniestrümpfe, schwarze Halbschuhe, ein weißes Hemd und eine gelbe oder hellgrüne Weste.
Generelles über die oberschlesische Tracht:
Befasst man sich mit den oberschlesischen Trachten (bzw. mit Trachten im Allgemeinen) fällt sehr schnell auf, dass es sehr genaue Vorschriften für Farbe, Stoffe, Schnitte und Beiwerk gibt. Es wird nicht nur zwischen Alltags- und Festtagstracht unterschieden. Schon von Stadtteil zu Stadtteil und von Dorf zu Dorf variieren z.B. die Farben.
In West-Oberschlesien sind die Röcke eher knöchellang, wohingegen sie in Ost-Oberschlesien eher wadenlang getragen werden. Weiterhin ist in West-Oberschlesien Rock und Mieder eher getrennt gearbeitet, während in Ost-Oberschlesien Rock und Mieder in einem Stück genäht sind. Bei dem separat getragenen Mieder sind die am hinteren Teil über den Rock hängenden Klappen von Bedeutung. Sie unterscheiden sich in Größe und Farbe der Borten.
Zur Unterscheidung der Mädchen- und Frauentrachten ist zu sagen, daß die verheirateten Frauen die vorher getragenen Kränze durch Kopftücher ersetzen, eher nicht wie in Niederschlesien durch Hauben. Bei vielen Frauentrachten ersetzen langärmelige Jacken irgendwann die Mieder. Hierbei waren wiederum Farbe und Art, Anzahl und Anordnung der Knöpfe von Bedeutung. Bei den Schürzen waren Blumenmuster vorherrschend, bei den diversen Schultertüchern dominieren Rosenmuster.